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Teilzeitarbeit in der Schweiz: Situation, Chancen und Risiken

Teilzeitarbeit – das Wort ist in der Schweizer Arbeitswelt in aller Munde. Doch welchen Stellenwert hat Teilzeitarbeit in Unternehmen und welche Trends zeichnen sich da ab? Welche Chancen bietet Teilzeitarbeit und welche Herausforderungen stellen sich?

Aktueller Stand: Teilzeitarbeit in der Schweiz

Teilzeitarbeit gewinnt in der Schweiz immer mehr an Bedeutung. Vom Beginn der 1990er Jahre an bis heute ist der Anteil Teilzeiterwerbender an allen Erwerbstätigen von 25% auf 37% angewachsen. Mit dieser Zahl ist die Schweiz fast europäische Rekordhalterin – einzig in den Niederlanden liegt der Anteil mit rund 48% höher.

Teilzeitarbeit ist in der Schweiz ein typisches Merkmal weiblicher Arbeitsmarktbeteiligung: 58% der erwerbstätigen Frauen, aber lediglich 18% der Männer sind in einem Teilpensum tätig. Nichtsdestotrotz ist der Anteil an Männer in Teilzeit-Pensen hierzulande deutlich höher als im europäischen Durchschnitt (rund 8%). Frauen machen knapp drei Viertel der Teilzeiterwerbstätigen in der Schweiz aus. Sie arbeiten zudem auch durchschnittlich in kleineren Pensen als Männer: Zweieinhalbmal mehr Frauen als Männer arbeiten unter 50%. Die Gründe für die speziell hohe Teilzeiterwerbsquote von Frauen in der Schweiz liegen unter anderem in der ungleichen Verteilung von Haus- und Betreuungsarbeit, in gesellschaftlichen Rollenerwartungen sowie in fehlenden finanziellen Anreizen für das Erwerben von Zweiteinkommen. Zudem gehört die Schweiz zu denjenigen reicheren Ländern, die am wenigsten öffentliche Gelder für Familienpolitik ausgeben.

Auch bei der Teilzeiterwerbsquote nach Familienstand zeigt sich der Geschlechterunterschied deutlich. So arbeiten 78,5% der Frauen mit Kindern unter 14 Jahren Teilzeit, gegenüber 48,2% der Frauen ohne Kinder in dem Alter. Bei den Männern dagegen wirkt sich die Familiensituation kaum auf den Beschäftigungsgrad aus. Bei den Gründen, warum sie Teilzeit arbeiten, nennen Frauen denn auch sehr oft die Familienarbeit, während Männer häufiger Weiterbildungen oder Freizeit als Grund für eine Pensen-Reduktion nennen.

Je höher der Frauenanteil in einer Branche ist, desto höher ist auch der Anteil der dort Teilzeit Arbeitenden. Eine Auswertung nach Branchen bringt hier grosse Unterschiede ans Licht. So arbeiten 70% aller Erwerbstätigen im Sozialwesen Teilzeit (Frauenanteil in der Branche: 81%), im klar männlich dominierten Fahrzeugbau etwa sind es nur 9,2%. Tendenziell ist der Anteil an Teilzeiterwerbstätigen in Grossunternehmen höher als in KMU. Der Anteil Personen in Führungspositionen, die Teilzeit arbeiten, liegt um die 19%.

Es besteht ein gewisser Trend dazu, dass sich die Geschlechterunterschiede bezüglich der Teilzeitarbeit verringern. So beträgt der Unterschied zwischen der Teilzeitquote von Frauen und von Männern bei den unter 20-jährigen Erwerbstätigen nur 3,8 Prozentpunkte – bei der ältesten Gruppe der Arbeitstätigen sind es noch 52,3 Prozentpunkte. In manchen Unternehmen gibt es vermehrt Männer, die ihr Pensum reduzieren, um Familienaufgaben zu übernehmen. Umfragen zufolge würden bis zu 90% der Vollzeit arbeitenden Männer gerne ihr Pensum reduzieren. Tendenziell sprechen sich junge Menschen für eine egalitärere Aufteilung von Erwerbsarbeit in der Familie aus, als dies ältere tun. Für die junge Generation ist eine ausgeglichene Work-Life-Balance wichtiger geworden als Themen wie Arbeitsplatzsicherheit. Deshalb wird die Anzahl Teilzeit Arbeitender, auch Männer, noch zunehmen.

Vorteile der Teilzeitarbeit

Wenn Unternehmen vermehrt Teilzeitarbeit einführen, hat das verschiedene Vorteile; dies gilt sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmende.

  • Mit der Ausschreibung der Stellen in Teilzeit ist es für Firmen einfacher, geeignete Fachkräfte zu rekrutieren, besonders auch jüngere. So verschaffen sich Unternehmen Wettbewerbsvorteile.
  • Mitarbeitende, auf deren Bedürfnisse nach flexibler Arbeitszeitgestaltung eingegangen wird, sind zufriedener und weniger gestresst. So kommt es zu weniger Kündigungen und krankheitsbedingten Ausfällen, und die Arbeitsleistung nimmt zu.
  • Mitarbeitende mit dem für sie passenden Pensum identifizieren sich mehr mit dem Unternehmen. So werden sie produktiver. 
  • Wird ein Unternehmen bekannt als Arbeitgeber, der flexible Arbeitsmodelle anbietet, steigt sein Image.
  • Bietet ein Unternehmen Teilzeit auch für Führungspositionen an, ermöglicht dies Mitarbeitenden, die beruflich Verantwortung übernehmen möchten und gleichzeitig Familienarbeit leisten, eine ihnen entsprechende Tätigkeit zu übernehmen. Auch hilft das Angebot von Teilzeitarbeit in Führungspositionen vor allem Frauen, Karriere zu machen.

Für Firmen übersteigt der Nutzen, Teilzeitarbeit anzubieten, deren Kosten. Insbesondere bei der Personalrekrutierung kann gespart werden, wenn Mitarbeitende länger bleiben und bisweilen intern rekrutiert werden können. Zudem bleiben erfahrene Mitarbeiter:innen und ihr Know-how dem Betrieb länger erhalten und Frauen steigen nach dem Mutterschaftsurlaub häufig wieder ein.

Herausforderungen von Teilzeitarbeit

  • Arbeitgeber müssen mit einem höheren Koordinationsaufwand rechnen; dieser nimmt mit der Anzahl niedriger Teilzeit-Pensen zu. So etwa muss auf die Weitergabe von Informationen besonderen Wert gelegt werden, damit auch Mitarbeitende mit geringem Pensum die nötigen Informationen zeitnah bekommen, um produktiv zu arbeiten.
  • Für Führungspersonen wird die Planung der Arbeitseinsätze kompliziert, wenn es viele Teilzeitbeschäftigte im Betrieb hat.
  • Bei ungeplanten Zusatzaufgaben kann es zu Konflikten im Team kommen, wenn Teilzeitarbeitende aufgrund ihres reduzierten Pensums nicht zur Verfügung sind.
  • Unterschiedliche Präsenzzeiten verursachen Probleme bei der Organisation von Sitzungen und können zudem dem Teamzusammenhalt schaden.
  • Die heute oft erwartete Allzeiterreichbarkeit kann bei Mitarbeitenden, die Mühe haben, sich abzugrenzen, zu Problemen wie Stress oder Überstunden führen.
  • Teilzeitarbeitende sind sozial weniger gut abgesichert als Vollzeitbeschäftigte. So zahlen sie weniger ein für ihre Pensions- und allenfalls Arbeitslosenkasse und sind seltener beruflich unfallversichert. Sie haben auch ein grösseres Risiko für Altersarmut.
  • Eine Teilzeitarbeit geht manchmal mit negativeren Bewertungen durch den Arbeitgeber sowie mit der Erfüllung weniger spannender und/oder verantwortungsvoller Aufgaben einher.

Die Umsetzung von Teilzeit in einem Unternehmen steht und fällt mit einer Unternehmenskultur, die auf Ergebnisse statt auf Präsenz ausgerichtet ist und einer Organisationskultur, die verschiedene Lebens- und Arbeitsmodelle respektiert. Wichtig ist, dass die Führungspersonen im Unternehmen Teilzeitarbeit aktiv unterstützen und im Idealfall diese auch vorleben. Auch von Mitarbeitenden braucht es gegenseitige Rücksichtnahme sowie Absprachen zu Aufgaben und Timing. Zudem sollte in einem Unternehmen die Möglichkeit, Teilzeit zu arbeiten, allen Mitarbeitenden angeboten werden, unabhängig vom Geschlecht.

Quelle: Ganzfried Couderc, Miriam; Mäder, Gwendolin (2022): Teilzeitarbeit in der Schweiz: steigende Bedeutung, Herausforderungen und Chancen: Eine Spurensuche in der Literatur und bei ausgewählten Unternehmen. Zürich: CHESS Kompetenzzentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung der Universität Zürich. Studie zur Teilzeitarbeit | SBB (05.10.2022)

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