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Gehaltsangaben in Stelleninseraten – ja oder nein?

Letzten Herbst kam Bewegung in die Diskussion um die Lohnangaben in den Stelleninseraten. Die ICT-Abteilungen grosser Schweizer Firmen, unter ihnen der Post, beschlossen, künftig für Transparenz beim Lohn zu sorgen. Die Sozialdemokratin Min Li Marti reichte im Parlament eine Motion für Lohntransparenz bei Stelleninseraten in öffentlichen Betrieben ein. Dennoch sind es noch immer die wenigsten Firmen, die Gehaltsangaben in ihren Stellenausschreibungen machen. Was sind mögliche Gründe dafür? Und warum kann es sich dennoch echt lohnen, Gehaltsangaben in Jobinseraten zu machen?

Contra Nennung von Gehaltsangaben: Abschreckung und Wettbewerbsbeschränkung

Dass Herr und Frau Schweizer nicht gerne über den Lohn sprechen, ist allgemein bekannt. Daher ist es im Grunde naheliegend, dass auch in Stelleninseraten das Gehalt nicht an die grosse Glocke gehängt wird. Anders als in Österreich, wo das Gesetz seit 2011 die Lohntransparenz bei Stellenausschreibungen vorschreibt, existiert hierzulande zudem keine solche verbindliche Regelung. Doch hinter dem Nicht-Angeben von Löhnen in Jobinseraten stehen bei Arbeitgebern noch weitere Gründe:

  • Löhne, die verhältnismässig niedrig sind, schrecken Stellensuchende ab und machen, dass sie sich auf ausgeschriebene Jobs nicht bewerben.
  • Nicht nur die Zahl der Kandidat:innen geht in diesem Fall zurück, sondern es melden sich auch Personen mit deutlich niedrigerem Qualifikationsniveau als auf Stellen ohne Lohnangaben im Inserat.
  • Gehaltsangaben verhindern Lohnverhandlungen, bei welchen Kandidat:innen viel Spielraum haben und infolgedessen ihren Qualifikationen und Erfahrungen gemäss entlohnt werden können.
  • Das Offenlegen des Gehalts von künftigen Mitarbeitenden kann für Streit unter der bestehenden Belegschaft sorgen, wenn aktuelle Mitarbeiter:innen unter Umständen für die gleiche Arbeit weniger verdienen als neu angeworbene Personen.
  • Nicht bei allen Jobs besteht die Möglichkeit, den Lohn auch nur grob anzugeben. Dazu sind die für die Stellenbesetzungen in Frage kommenden Mitarbeitenden von ihren Qualifikationen und ihren Erfahrungen her zu verschieden.
  • Es genügt und kann mindestens so überzeugend zum sich Bewerben animieren, wenn in den Inseraten von «attraktiven Löhnen» oder «überdurchschnittlichen Verdienstmöglichkeiten» die Rede ist.
  • Unter Umständen versuchen Firmen, den Lohn zu drücken und / oder einen möglichst geringen Lohn mit Kandidat:innen auszuhandeln («Schnäppchenjäger-Mentalität»). In dem Fall ist es klar, dass sie die Löhne nicht transparent machen wollen.

Pro Nennung von Gehaltsangaben: Transparenz und Employer Branding

Was Arbeitgeber, die oben stehende Argumente anführen, nicht mit einbeziehen, ist die Tatsache, dass potenzielle Bewerber:innen Lohntransparenz zu einem grossen Teil befürworten. Verschiedenen Studien zufolge sind rund drei Viertel der Stellensuchenden interessiert an Lohnangaben im Jobinserat. Ist ein Lohn angegeben, sorgt das für bis zu dreimal mehr Klicks auf das Inserat. Zudem ist für über 90% der Stellensuchenden der Lohn ein wichtiges bis sehr wichtiges Kriterium für die Wahl eines Jobs. Auch sonst spricht einiges für die Nennung von Lohnangaben in Stelleninseraten:

  • Dass die Zahl der Bewerber:innen sich im Fall von Lohnangaben reduziert, kann ein grosser Vorteil sein. Erstens melden sich gezielter Personen, die sich eine Mitarbeit im Unternehmen vorstellen können. Zweitens kennen die Kandidat:innen ihren Marktwert und schätzen ihn im Lichte des angegebenen Gehalts ein. Und es ist oft eine realistische Einschätzung, sodass ihre Qualifikationen gut auf die zu bekleidende Stelle passen.
  • Wenn sich zahlreiche Bewerber:innen auf Inserate ohne Gehaltsangaben melden, werden auch viele darunter sein, die ganz andere Lohnvorstellungen haben als die Arbeitgeber. Diese ziehen sich spätestens nach dem Vorstellungsgespräch aus dem Bewerbungsprozess zurück. Das Unternehmen kann sich hier viel unnötigen Zeitaufwand durch abgebrochene Bewerbungsprozesse sparen, wenn zumindest das ungefähre Gehalt von Anfang an kommuniziert wird, also schon im Jobinserat.
  • Intransparenz zu den Löhnen ist mittlerweile nicht mehr leicht beizubehalten. Auf Bewertungsplattformen wie kununu oder Glassdoor, aber auch auf der Jobplattform StepStone wird vieles über branchen- und teils stellenspezifische Löhne bekannt. Unternehmen fahren besser, wenn sie sich Gehaltsangaben nicht «extern» machen lassen, sondern sie in ihren Jobinseraten selbst offenlegen.
  • Dazu kommt, dass viele Stellensuchende ihren Marktwert gut kennen (siehe oben). Sie lassen sich nicht mit Niedriglöhnen abspeisen. Nehmen sie die Stelle trotz des nicht stimmenden Lohns an, sind sie oft auch recht schnell wieder weg. Arbeitgeber, die faire Löhne zahlen, haben dagegen weniger Aufwand mit Nachrekrutieren, da die Fluktuation von Arbeitnehmenden tief ist. Dass hoch qualifizierte und schwer zu findende Fachkräfte besonders aufwändig nachzurekrutieren sind, liegt zudem auf der Hand.
  • Hat es Lohnangaben im Jobinserat, fällt in den Gehaltsverhandlungen der für beide Seiten schwierige «Lohnpoker» weg. Auch haben Männer und Frauen den gleichen Ausgangslohn als Verhandlungsbasis bezüglich Details zum Lohn. Arbeitgeber und Arbeitnehmende begegnen sich auf Augenhöhe, anstatt dass Unternehmen einseitig Gehaltswünsche einfordern und selbst hinter dem Berg halten mit dem Lohn.
  • Mit der Lohntransparenz tun sich Unternehmen etwas Gutes fürs Employer Branding. Ihre Firma wird als ehrliche, faire Arbeitgeberin wahrgenommen. Transparenz und Fairness sollen indessen nicht nur auf künftig eingestellte Personen, sondern auf alle Mitarbeitenden angewendet werden.
  • Einmal gewonnene Fachkräfte sind wertvoll und der Betrieb hat ein Interesse daran, sie langfristig zu halten. Werden Ressourcen gespart beim Recruiting, werden diese frei für ein effektives Onboarding, sodass neue Mitarbeitende im Unternehmen gut «ankommen» und sich von Beginn an wertgeschätzt fühlen.

Fazit: Pro, aber nicht pauschal

Gerade von Seiten der Arbeitnehmenden ist es sehr erwünscht, dass es in Stelleninseraten zumindest eine gewisse Transparenz bei den Löhnen gibt. Dabei besteht für Stellenausschreibende die Möglichkeit, einen Mindestlohn anzugeben und dabei zu erwähnen, dass je nach Qualifikationen punkto Gehalt Spielraum nach oben besteht. Die andere Möglichkeit ist, einen Lohn-Range anzugeben – allerdings einen nicht zu weiten, sonst wird die Angabe nichtssagend. Trotz der vielen Argumente, die dafür sprechen, lässt es nicht pauschal sagen, dass Lohnangaben unbedingt in jedes Stelleninserat gehören. Es gibt Ausnahmen, etwa dann, wenn keine Lohnabgabe vorab gemacht werden kann. Oder wenn sich ein Unternehmen vertraglich daran gebunden hat, dass Löhne nicht transparent gemacht werden – weder unter bestehenden noch bei zukünftigen Mitarbeitenden.
Verwendete Quellen: absolventa.de, agentur-jungesherz.de, computerwoche.de, humanresourcesmanager.de, kununu.com, linkedin.com, personalmarketing2null.de, prospective.ch, refline.ch, reif.org, stellenanzeigen.de, stellenpakete.de

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